Archäologische Sammlung
! Bitte beachten Sie, dass das Museum im Katharinenkloster seit September 2019 umbaubedingt geschlossen ist !
Das STRALSUND MUSEUM besitzt in seinen Sammlungen zwei wikingische Goldschätze, die zu den bedeutendsten im Ostseeraum gehören.
Seit 2015 ist das Wikingergold, bestehend aus dem Hiddenseer und dem Peenemünder Goldschmuck, im Original im STRALSUND MUSEUM in einer eindrucksvoll inszenierten Ausstellung zu sehen.
Der Hiddenseer Goldschmuck
Der wertvolle Hiddenseer Goldschmuck, der nach seinem Fundort auf der kleinen Ostseeinsel Hiddensee westlich von Rügen benannt und nach zwei verheerenden Sturmhochwassern im Jahr 1872 und 1874 in mehreren Etappen geborgen wurde, stammt aus dem 10. Jahrhundert. Er umfasst insgesamt 16 Schmuckteile: ein geflochtener Halsreif, eine Scheibenfibel, sechs große und vier kleinere kreuzförmige Hängestücke und vier Zwischenglieder mit einem Gesamtgewicht von 596,2 Gramm Feingold. In das Museum gelangte er unter dem ersten Direktor Dr. Rudolf Baier, der die einzeln angebotenen Stücke in den Jahren 1873 und 1874 für den Materialpreis ankaufte.
Trotz des homogenen Eindrucks des Hiddenseer Schmuckes, variieren die einzelnen Gruppen der Schmuckstücke doch in ihren Details. Die Stücke wirken in ihrer Gesamtheit wie aus einer meisterhaften Hand gefertigt, sieht man vom Halsring einmal ab. Vermutlich waren diese Unterschiede gewollt und machen einen Teil der Faszination des Schmuckes aus. Das große handwerkliche Können, welches sich in diesem Fund widerspiegelt sowie die Goldmenge verweisen auf das Umfeld eines bedeutenden Machtzentrums.
Die Rekonstruktion des Ensembles gibt viele Rätsel auf. Bei der Einheitlichkeit der Schmuckstücke scheidet ein wahllos von Piraten zusammengetragener Schatzfund aus. Handelt es sich um den Schmuck einer Person oder verbergen sich dahinter mehrere Personen aus möglicherweise einer herausragenden Familie? Die Scheibenfibel verweist auf eine reiche Wikingerin, der Halsreif kann von einer Frau oder einem Kind getragen worden sein. Der klassische Schmuck einer Wikingerin enthielt zwei Fibeln. Scheinbar durch Einflüsse aus dem fränkischen Gebiet begannen besonders vornehme Frauen eine Tracht mit einer zentralen Scheibenfibel zu bevorzugen. Die Hängeösen auf der Scheibenfibel und auf zwei Hängestücken lassen auf weitere Gehänge schließen.
Auffallend an den verwendeten Verzierungselementen ist ein Nebeneinander von heidnischen und christlichen Symbolen. Schon früh wurde der dänische König Harald Blauzahn mit der Entstehung und dem Besitz des Schmuckes in Verbindung gebracht. Um 965 ließ er sich taufen und führte das Christentum in Dänemark ein, duldete das Heidentum aber weiterhin. Trotzdem regte sich Widerstand. Nach dem Kampf mit seinem Sohn soll Harald Blauzahn laut Auskunft des Chronisten Adam von Bremen 987 auf die slawische Jomsburg in Jumne (dem sagenumwobenen Vineta?) geflüchtet sein, wo er seinen Kampfverletzungen erlag. Auf dem Weg dorthin könnte er oder einer seiner Getreuen die Gelegenheit genutzt haben, die wertvollen Stücke auf Hiddensee zu vergraben.
Sicher haben auch diese Umstände dazu beigetragen, dass den Hiddenseer Goldschmuck nach wie vor eine geheimnisvolle Aura umgibt. Jedoch zählt er unumstritten zu den größten bekannten Edelmetallschatzfunden der Wikingerzeit und ist auf Grund der Zugehörigkeit zu einem Schmuckcollier dieses Umfanges qualitätvollstes Beispiel wikingischer Goldschmiedekunst des 10. Jahrhunderts.
Die Goldringe von Peenemünde
Beim Pflanzen neuer Bäume stieß ein Forstarbeiter in Peenemünde auf Usedom 1905 zufällig auf drei in der Erde vergrabene Goldringe. Zwei der Ringe sind vollständig erhalten, während von einem nur noch eine abgebrochene Hälfte existiert. Die Pflanzarbeiten wurden unterbrochen. Erst 1908 kam es zu einer gezielten archäologischen Folgeausgrabung, die fünf weitere Goldringe zu Tage brachte. Das Pommersche Landesmuseum in Stettin erhielt alle acht Goldringe, bevor sie nach dem Zweiten Weltkrieg in die Stralsunder Sammlung gelangten. Die aus massivem Golddraht gefertigten Ringe werden der Goldschmiedekunst der Wikinger um 1000–1100 n. Chr. zugeordnet.
Hauptverbreitungsgebiet von Ringen dieser Art war das Mälartal in Schweden. Vergleichbare Funde wurden auch in Regionen Südschwedens und Dänemarks gemacht.
Bei Wikingern sind Ringe für Finger, Arm und Hals ein wesentlicher Bestandteil des Alltagslebens. In Hortfunden aus jener Zeit ist die Beliebtheit und Verbreitung silberner Ringe erkennbar. Das verwendete Edelmetall spiegelt den Reichtum des Besitzers wider. Ein Goldring ist bis zu zwölfmal wertvoller als ein vergleichbares Stück aus Silber. Schmuck wurde selten aus Gold gefertigt und meist nur zu besonderen Anlässen getragen. Die Goldringe von Peenemünde waren daher vermutlich im Besitz eines sehr wohlhabenden Wikingers. Neben der repräsentativen Verwendung besaßen die Ringe auch eine Funktion als Zahlungsmittel. Sie wurden entsprechend ihres Materialwertes im Ganzen oder in Teilen zum "bezahlen" benutzt. Ein halber Ring aus dem Peenemünder Goldschatz verweist sehr eindrücklich auf diese Praxis.